IoT ist einer der Business Mega-Trends. Keine Frage. Dafür gibt es gute Gründe: das gesamte Marktvolumen für IoT-Lösungen ist riesig, die Liste mit Vorteilen für Unternehmen lang - vom Vereinfachen und Automatisieren wiederkehrender Aufgaben bis zum generieren von Daten und “smart” Solutions fürs Business oder privat.
Und auch die Zahlen versprechen eine interessante Zukunft:
- 754 Milliarden $: weltweite Endkunden-Ausgaben für IoT Solutions im Jahr 2025 (Statista-Prognose, 2020)
- 94 % der Firmen werden bis Ende 2021 IoT-Technologie nutzen (Microsoft, 2019)
- Entscheidungsträger erwarten 30% ROI in den nächsten 2 Jahren (Microsoft, 2019)
Laut dem IoT Signals Report von Microsoft aus dem Jahr 2019 sind die wichtigsten Gründe für die Einführung von IoT-Lösungen in Unternehmen die folgenden:
- Die Optimierung der Betriebsabläufe
- Steigerung der Mitarbeiterproduktivität
- Sicherheit und Gefahrenabwehr
- Supply Chain Management
- Datenbasierte Instandhaltung (Immobilien und Gerätschaften)
Es gibt viele Einsatzmöglichkeiten für IoT-Lösungen und fast alle Entscheidungsträger in diesem Bereich prognostizieren eine stark wachsende Bedeutung dieses Feldes - technisch und wirtschaftlich.
Doch wie es oft bei Boom-Technologien ist, oft werden nur die immensen Vorteile genannt. Bewusst oder unterbewusst werden etwaige Probleme verschwiegen oder verdrängt. Wir erleben in Gesprächen mit CEOs und anderen Entscheidungsträgern, dass oft nur über die positiven Aspekte in Bezug auf IoT gesprochen wird. Das ist nicht die ganze Wahrheit - und es gibt gute Gründe, warum IoT-Projekte scheitern. Hat man dann in den Projekten zu hohe Hoffnungen gehabt, zu viel Zeit und Geld investiert, dann geht es schnell an die Substanz - und bedeutet im Zweifel das Einstellen von Abteilungen oder im härtesten Fall auch den Bankrott kleinerer Firmen und speziell Startups.
In diesem Artikel zeigen wir, was man tun kann, damit das nicht passiert. Oder anders gesagt: How not to fuck up.
How to f*ck up - IoT-Style
Zugegeben, die Überschrift ist reißerisch. Aber wenn man nicht über Fehler spricht, kann man auch nicht aus ihnen lernen. Also: warum scheitern IoT-Projekte? Wie schon erwähnt, die Herausforderungen sind groß:
Viele IoT-Projekte sind einfach sehr komplex und technisch anspruchsvoll - dies bedeutet, man braucht genügend, aber vor allem auch die richtigen Personen. Zudem sind die meisten IoT-Projekte hochinnovativ - es gibt keine Blaupause, keine best practices, kein „copy-paste-coding” mit ein wenig „glue coding”. Alles muss neu gedacht und neu geschrieben werden. Hierzu wird Erfahrung benötigt - in einem recht neuen Feld ist es nicht einfach, hier die richtigen Personen zusammen zu bekommen.
Im Microsoft IoT Signals Report geben die Befragten die folgenden Herausforderungen an, die fast deckungsgleich mit unseren Erfahrungen sind:
- Komplexität und (zu große) technische Herausforderungen
- Zu wenig Budget oder Mitarbeiterressourcen
- Zu wenig Wissen
- Noch nicht die richtigen IoT-Lösungen gefunden
- Sicherheitsbedenken
Durch die Einführung von Raspberry, Arduino und Co. ergeben sich mehr Möglichkeiten, beispielsweise für Software-Entwickler, sich das Feld der IoT-Prototypings zu erschließen. Die easy-to-use Mikrocontroller und Minicomputer bieten extrem kostengünstige Möglichkeiten, IoT-MVPs zu produzieren. Die Flexibilität und Reserven beim Prototypen mit Raspberry, Arduino und Co. bieten zudem genügend Potential für weitere Iterationen des MVPs. Das und ein flexibler Schnittstellen-Baukasten (wie bspw. die Module von Tinkerforge) ist notwendig, um die genauen Anforderungen an die Hardware iterativ zu spezifizieren.
Doch bei diesem Prototyping darf nicht vernachlässigt werden, dass der Schritt von Prototypen in die (Klein-)Serie gewaltig ist. Nicht nur hinsichtlich der Stabilität und Haltbarkeit der verwendeten Elemente zeigt sich oft schnell, dass es ein weiter Weg vom Prototyping zur Marktreife ist. Dass für Software- und Hardware-Entwicklung unterschiedliche Skillsets benötigt werden. Und mit mangelnder Erfahrung im Hardware-Bereich fehlt manchmal auch ein wenig Weitsicht. Gerade über viele Iterationen hinweg stößt man auf Grenzen der Technik. Leider oft genug zu spät. Nach dem Verbrennen von einem Haufen Zeit und Geld.
How not to f*ck up
Absolut ehrlich über Misserfolge zu sprechen, ist nicht das übliche Verhalten von IoT-Anbietern und -Beratern: Der Markt boomt, die Zahl der Geräte wird rasant steigen: IoT ist eine Schlüsselkomponente des digitalen Transformationsprozesses zusammen mit Edge Computing, 5G, KI und weiteren Technologien. Also werben Anbieter beim Kunden: „Sie müssen jetzt auf den Zug aufspringen, bevor es zu spät ist. Mit Ihrem IoT-Projekt werden Sie ihre Abläufe optimieren, den Return on Invest erhöhen” und und und. Was versprochen wird: „Wählen Sie uns - dann wird Ihr Projekt garantiert zum Erfolg.”
Die Argumente sind alle richtig - doch Kunden vor den Misserfolgsraten zu warnen und dann darauf hinzuweisen, dass in den meisten Fällen nicht die Technologie das Problem war, hört man nur sehr selten. Oft liegen die Probleme viel tiefer, nämlich in einer Unternehmenskultur, die nicht offen für neue Abläufe ist. Oder schlichtweg eine Organisationstruktur des Kunden, die nicht bereit ist, die IoT-Projekte durchzuführen und anzunehmen. Hierfür gibt es gute, individuelle Gründe, doch oft wird genau dies verschwiegen - gerade von der Anbieterseite. Und wer kann es Ihnen verübeln, sie wollen verkaufen.
Ein offener Umgang mit Risiken in einem hochinnovativen Umfeld ist dabei eine Grundvoraussetzung, ein Projekt nicht scheitern zu lassen, weil man sich gegenseitig zu viel versprochen hat. So müssen im Vorfeld Dinge wie die Ressourcen des Unternehmens und die generelle Adaptionsbereitschaft geprüft werden.
Und egal of Softwerker, IoT-Verantwortlicher oder CEO: Der Weg von der IoT-Strategie zur Serienreife oder reibungslosem Einsatz im Unternehmen ist lang. Meist muss man klein anfangen und auf bestimmte Geschäftsprozesse abzielen. Mit der gesammelten Erfahrung geht man dann die nächsten Schritte an. Nach Hilfe zu Fragen, ist in keiner Phase einer Entwicklung eine Schande. Laut Microsoft scheitern ca. 30% der IoT-Projekte schon in der Proof-of-Concept-Phase. Viele Projekte schlagen am Übergang vom Prototyp zur (Klein-)Serie fehl. Oder die Produktion läuft und der Markt nimmt das Produkt nicht an. Es empfiehlt sich also dringend, mit dem Dazuholen von Erfahrung Fehler vom Anfang bis zum Ende zu vermeiden.
Eine weitere von vielen heiklen Phasen ist der Übergang vom MVP in die (Klein-) Serie beziehungsweise der Übergang zu Marktreife. Während im geschützten Raum des Prototypings die Hardware brav ihre Aufgabe erfüllt hat, erschlägt sie nun die Realität. Hierbei spielen oft ganz einfache Faktoren eine Rolle: die zum Prototypen benutzt Hardware hält den Rahmenbedingungen nicht stand: Hitze, Kälte, Staub - ganz alltägliche Dinge werden dann zum Problem und lassen ganz neue Probleme entstehen. Nur mit klassischer Hardware-Expertise lässt sich dies frühzeitig umgehen.